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Weltweit grösste Unternehmen müssen viel transparenter werden

Die grossen multinationalen Unternehmen müssen über ihre Anti-Korruptionsprogramme, ihre Organisationsstruktur, Steuerzahlungen und Gewinnen auf Länderbasis in jenen Ländern, in denen sie tätig sind, transparenter berichten. Die 105 grössten Unternehmen berichten am meisten über ihre Verhaltenskodizes, am wenigsten über geleistete Zahlungen an Regierungen.

Einer neuen Studie von Transparency International zufolge berichten die weltweit grössten börsennotierten Unternehmen zwar mehr als früher über ihre Antikorruptions-Programme; jedoch ist der Umfang der Berichterstattung über Unternehmensaktivitäten deutlich zu erhöhen.

«Multinationale Unternehmen können und müssen eine bedeutende Rolle im weltweiten Kampf gegen Korruption spielen. Während sich die Welt weiterhin von der tiefgreifenden Wirtschaftskrise von 2008 erholt, muss sich die Führung in mehr Unternehmen der Verhinderung von Korruption verpflichten», so Huguette Labelle, Vorsitzende von Transparency International.

Allgemeiner Fortschritt seit 2008

Der Bericht «Transparency in Corporate Reporting: An Assessment of the World’s Largest Companies» listet 105 der grössten börsennotierten Unternehmen nach ihrem öffentlichen Bekenntnis zu Transparenz. Generell zeigt sich, dass die Unternehmen intensiver über ihr Engagement gegen Korruption im Vergleich zu einer Studie von Transparency International aus dem Jahre 2008 zu denselben Unternehmen berichten.

Statoil aus Norwegen ist mit einer Punktzahl von 8.3 das am höchsten gelistete Unternehmen. Es veröffentlicht umfangreiche Informationen zu seinen Antikorruptions-Programmen, zu seinen Tochtergesellschaften sowie zu Steuerzahlungen und Gewinnen auf Länderbasis in den 37 Ländern, in denen Statoil tätig ist.

Intransparente Berichterstattung der Banken und Versicherungen

Der Studie zufolge ist die Berichterstattung von Banken und Versicherungen in allen Bereichen unterdurchschnittlich transparent, obwohl undurchsichtige Unternehmensstrukturen zur aktuellen Finanzkrise beigetragen haben und trotz der daraus resultierenden Bemühungen, die Transparenz zu verbessern. Die 24 Unternehmen aus dem Finanzsektor, die im Bericht untersucht wurden, erreichten eine durchschnittliche Punktzahl von 4,2.

Transparenz verbessert die Qualität der Managementsysteme

„Wenn länderspezifische Finanzinformationen nicht ausreichend veröffentlicht werden, ist es schwer festzustellen, welche Beträge ein Unternehmen an die Regierungen in Entwicklungsländern zahlt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Notwendigkeit von Veröffentlichungen Unternehmen dazu bringt, starke, Veröffentlichungen unterstützende Strukturen einzuführen, und dadurch ihre Antikorruptions-Systeme zu
verbessern“, so Jermyn Brooks, Vorsitzender des Wirtschaftsbeirats von Transparency International.

Bei fehlender Transparenz ist es schwieriger zu sehen, wo Unternehmen Gewinne erwirtschaften, Steuern zahlen oder politische Wahlkämpfe mitfinanzieren. Die Studie zeigt beispielsweise, dass rund die Hälfe der Unternehmen keine Informationen zu ihrer Politikfinanzierung veröffentlicht.

Vier Schweizer Unternehmen

In der Studie werden vier Schweizer Unternehmen untersucht: Novartis, Roche Holding, Nestlé und Credit Suisse Group.

Drei Unternehmen zeigen sich über dem Durchschnitt was die Veröffentlichung der Informationen über die Anti-Korruptionsprogramme angeht. Dennoch können sich die Unternehmen auch hier verbessern. Eine Studie zu den 20 SMI-Unternehmen (darunter auch die vier oben erwähnten), die 2011 von Ethos und TI Schweiz durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass die publizierten Informationen in der Regel nicht ausreichen, um Korruptionsrisiken und mögliche Gegenmassnahmen zu beurteilen. Eine Feststellung, die insbesondere für die Kommunikation zu Betrugs- und Korruptionsfällen im Berichtsjahr gilt. Auch fehlen Informationen zu den ergriffenen Gegenmassnahmen, mit denen die Unternehmen den Problemen begegnen wollen. Ausserdem ziehen nur wenige Unternehmen externe Prüfer bei, um Korruptionsdaten verifizieren zu lassen.

Obwohl die Schweizer Unternehmen laut Studie gut über ihre Organisationsstruktur (Holdings, Tochter- Gesellschaften, Joint-Ventures) berichten, ist die Berichterstattung zu länderbezogenen Informationen (country-by-country reporting) lückenhaft. Country-by-country reporting würde ersichtlich machen, in welchen Ländern wie viel Umsatz erzielt, Steuern gezahlt und Gewinne erwirtschaftet werden.

Empfehlungen von Transparency International

“Multinationale Unternehmen bleiben weiterhin ein wichtiger Bestandteil des weltweiten Korruptionsproblems. Die Zeit für sie ist reif, ein Teil der Lösung zu werden. Hierfür müssen sie sich erheblich verbessern“, so Cobus de Swardt, Geschäftsführer von Transparency International.

Transparency International fordert Unternehmen auf, mehr Informationen dazu zu veröffentlichen, wie sie Korruption eindämmen, wie sie strukturiert sind und wie Gelder in den Ländern fliessen, in denen sie tätig sind. Nur auf der Basis dieser Informationen ist es Bürgern weltweit möglich zu erfahren, wie viel Geld in die staatlichen Kassen fliesst, was überall eine Schlüsselfrage der Verantwortlichkeit von Regierungen ist.

Regierungen und Aufsichtsbehörden sollten Transparenz für alle Unternehmen verpflichtend einführen, die Exportsubventionen erhalten oder sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen möchten. Investoren sollten mehr Transparenz in Geschäftsberichten einfordern, um auf der einen Seite ethisches und nachhaltiges Wachstum und auf der anderen Seite ein einwandfreies Risikomanagement zu gewährleisten.

Resultate der in der Schweiz domizilierten Unternehmen

ACP = Resultat für die Berichterstattung zu Anti-Korruptionsprogrammen
OT = Resultat für die organisationelle Transparenz
CBC = Resultat für das Country-by-country Reporting (Rechnungslegung nach Ländern)

ACP OT CBC Index Resultat
Novartis 92% 100% 1.8% 6.5
Roche Holding 77% 100% 0.9% 5.9
Nestlé 73% 100% 3.6% 5.9
Credit Suisse Group 54% 100% 0.0% 5.1


Bemerkung

Die Punktzahlen der Unternehmen rangieren von 0 bis 10, wobei 0 am intransparentesten und10 am transparentesten ist. Die Bewertung basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen der Unternehmen zu ihren Antikorruptions-Programmen, zur Unternehmensstruktur sowie auf der Ebene der Länder, in denen sie tätig sind.

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öffentlichen Verwaltung (z. B. im Bereich der öffentlichen Beschaffung) und den Medien zusammen.

TI Schweiz arbeitet mit einem Netzwerk von Experten und Behörden. Die Organisation veröffentlicht Studien sowie Ratgeber zu verschiedenen Aspekten der Korruption in der Schweiz und im Ausland und organisiert Roundtables und Konferenzen, die sich an Fachpersonen sowie ein breiteres Publikum richten.

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